Wie für viele andere Menschen, hat Corona dieses Jahr auch unsere Urlaubspläne mehrmals gründlich verändert. Im Sommer wollten wir ursprünglich mit Sohn und Schwiegertochter eine Rundreise durch England machen und hatten im Januar alles schon ziemlich genau geplant. Verschiedene Dinge haben uns aber vom Buchen abgehalten und dann war plötzlich März und wir waren froh, dass wir keine Hotels und Flüge stornieren mussten.
Meine Frau hatte eine andere Idee, von der ich anfangs überhaupt nicht begeistert war. Sie wollte einen Fastenurlaub machen. Ich konnte mir das beim besten Willen nicht vorstellen – wie die meisten unserer Bekannten ebenfalls nicht 🙂 Waaaas? Im Urlaub fasten? Da wollen wir es uns doch richtig gut gehen lassen …). Ich wollte sie aber nicht enttäuschen und willigte ein. Sie hatte sowieso schon mit Recherchen im Internet begonnen.
Fasten ist für uns als Mitglieder der Kirche Jesu Christi ja nichts unbekanntes. Wir fasten jeden Monat am ersten Wochenende für 24 Stunden und das schon soweit ich zurückdenken kann. Wir fasten und beten für Menschen, denen es nicht gut geht. Wir bitten um Kraft und Hilfe für die Lösung von Problemen, um Erkenntnis, Weitsicht und Stärke im Glauben. Das Geld, das wir für die Mahlzeiten einsparen, spenden wir für die Unterstützung von Notleidenden. Wir glauben daran, das Fasten und Verzicht, nicht nur für andere sondern auch für uns ein Segen sind. Es lehrt uns Disziplin und Großzügigkeit. Es ist nicht nur gut für den Körper, sondern vor allem auch für den Geist. Es dient der Prävention gegen Egoismus, macht uns besinnlicher und schafft uns eine größere Nähe zu Gott.
Esther musste mich also nicht überzeugen, das Fasten etwas sinnvolles ist. Ich musste mich aber an den Gedanken gewöhnen, dass es nicht um einen Fastentag sondern um eine Fastenwoche ging.
Nachdem wir uns verschiedene Optionen angesehen hatten, entschieden wir uns für den Fastenhof Behm (www.fastenhof.de) in Flecken Zechlin im äußersten Norden von Brandenburg. Wie sich zeigen sollte, war das eine der besten Entscheidungen, die wir in den letzten Jahren getroffen haben. Anstatt einer Woche wählten wir zwei – eine Woche Buchinger Fasten und eine Woche als idealen Aufbau basisches Intervallfasten. Ich war gespannt, wie das für mich funktionieren würde.





Es hat sehr gut funktioniert. Ich habe viele Jahre nicht so viel Energie und Leichtigkeit verspürt. Wir sind jeden Tag zwischen 10 und 15 km Wandern gegangen, meist um einen der wunderschönen Seen im Rheinsberger Seengebiet. Und natürlich waren wir täglich ausgiebig schwimmen, meist mehr als 1 km. In der Buchinger Fastenwoche gab es lediglich morgens einen frisch gepressten Fruchtsaft und nachmittags eine leichte Suppe plus 2-3 Liter Wasser und Tee über den Tag verteilt.
Ab dem zweiten Tag hatte ich keine Hungergefühle mehr und habe mich auch nicht schlapp gefühlt. Ich hätte die Runden um die Seen 2- oder 3-mal drehen können, so viel Bewegungsdrang hatte ich. Ich hatte keine Kreislaufprobleme (was am Anfang einer Fastenwoche schon mal vorkommen kann) und auch keine Kopfschmerzen, da es Koffeinentzug bei uns nicht geben kann. In der basischen Fastenwoche, in der wir morgens einen reichhaltigen Smoothie und nachmittags ein, ich muss es für alle Zweifler so sagen, vorzügliches basisch-veganes Menü zu uns genommen haben, bin ich sogar zusätzlich noch laufen gegangen.




Wir empfanden auch das Erlebnis, die beiden Wochen jeweils in verschiedenen Gruppen von ca. 15 Personen zu verbringen, bereichernd. Wir waren erst etwas unschlüssig, da wir eigentlich Individualurlauber sind, aber erstens hatten wir genügend Möglichkeiten, uns individuell zu betätigen und zweitens war es in der Gruppe leichter, sich gegenseitig zu unterstützen, sich besser kennenzulernen und überaus interessante Gespräche zu führen. Es war sehr wohltuend.
Wir haben nicht nur etwas für unseren Körper, sondern auch für den Geist getan. Neben der körperlichen Frische, haben wir dasselbe im Geist verspürt. Wir waren eng mit der Natur verbunden, haben uns Momente der Stille geschaffen, die Grundlagen der Feldenkrais-Methode, Achtsamkeit und vieles mehr gelernt und uns mit netten Menschen ausgetauscht, die alle irgendwie versuchen, ein nachhaltigeres Leben zu führen.
Ich persönlich habe mehrere Kilogramm abgenommen, signifikant viszerales Fett abgebaut und meinen Bauchumfang um mehr als 5cm reduziert. Jetzt, nach fast drei Monaten ist das alles noch stabil. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass wir unsere Ernährungsgewohnheiten verbessert haben und uns damit auch mehr im Einklang mit dem Wort der Weisheit fühlen, das eben nicht nur aus dem Verzicht auf Alkohol, Tee, Kaffee, Nikotin und andere schädliche Drogen besteht.
In beiden Wochen wurden wir einfühlsam und kompetent von zwei Fastenleiterinnen angeleitet. An dieser Stelle herzlichen Dank an Susanne Grewe und Kathrin Heinicke für ihre wunderbare Arbeit, die super Betreuung, motivierenden Worte und die vielen guten Anregungen.
Wir hatten in der basischen Fastenwoche außerdem die Ehre, die veganen Kochkünste von Franka Kunze genießen zu dürfen. Das war ein absolutes Highlight. Allein schon deshalb werden wir das sicher wiederholen. 🙂 Neben dem tollen Essen, haben wir von Franka auch sehr viel über nachhaltige Ernährung nach den Prinzipien des gesunden Menschenverstandes gelernt.


Abschließend natürlich auch ein herzliches Dankeschön an Susanne Behm und ihr Team. Der Hof ist ein Kleinod zum Wohlfühlen in einer ungekünstelten, natürlichen und wohltuenden Atmosphäre.
Wir werden sehr gern wiederkommen.



Viele Fragen, die in der Gesellschaft scheinbar einen immer geringeren Stellenwert einnehmen. Dabei ist ihre Bedeutung enorm wichtig – zumindest für Menschen, die nicht daran glauben können, dass der Mensch ein Zufallsprodukt ist oder aus dem Nichts kommt und nach seinen Lebensjahren wieder im Nichts verschwindet.Vor kurzem habe ich ein Zitat des verstorbenen Apostels Richard G. Scott gelesen: „Do not become so absorbed with trivial things that you miss learning the doctrine and teachings of the Lord“ (also sinngemäß übersetzt: Sieh zu, dass weniger wichtige Dinge nicht so sehr Besitz von dir ergreifen, so dass du es verpasst, die Lehren des Herrn zu lernen.)
Je tiefer ich zum Beispiel über grundlegende Elemente meines Glauben, wie zum Beispiel den Plan der Erlösung nachdenke, umso klarer wird mir, wie großartig, nachhaltig und vollendet dieser Plan ist. Er ist nicht nur ein Stückwerk von guten Ideen oder Konzepten. Er umfasst unsere gesamte ewige Existenz, beginnend von unserer Präexistenz, über dieses Leben bis hin zu unserem Leben nach dem Tod, das ewig währen wird. Wie wichtig müsste es normalerweise sein, sich immer wieder den Stellenwert klar zu machen, so viel wie möglich darüber zu lernen und dann Kurskorrekturen vorzunehmen, die sowohl für die Gegenwart als auch die Zukunft (ohne zeitliche Begrenzung) richtungsweisend sind.
In diesem Lernprozess haben die Familie und die Kirchengemeinde eine große Bedeutung. Eine der negativsten Auswirkungen von Covid-19 sind die Einschränkungen für das Gemeindeleben, die gemeinsame wöchentliche Gottesverehrung mit Gleichgesinnten, das soziale Miteinander und die gegenseitige Bereicherung durch unsere Diversität, den Austausch von Gedanken und einfach auch die Freude, Menschen, die einem am Herzen liegen, zu treffen. Meine Frau und ich waren sehr froh, als es wieder möglich war, Gottesdienste zu besuchen – wenn auch weiterhin mit vielen Einschränkungen. Wir haben die Möglichkeit geschätzt, zu Hause das Abendmahl zu nehmen und gelegentlich andere Gemeindemitglieder, die dazu keine Gelegenheit hatten, daran teilhaben zu lassen.
Seit dem es aber wieder möglich ist, besuchen wir unsere Gemeinde. Wir können dort unsere Zeit und Fähigkeiten in den Dienst der Gemeinde stellen. Ich habe es vermisst, als Organist zu dienen und freue mich, das ich jetzt dadurch wieder den Besuchern helfen kann, den Heiligen Geist zu spüren und sich auf das Abendmahl einzustimmen. Wir genießen es, Gleichgesinnte zu treffen und gemeinsam Andacht in einem Haus des Herrn zu halten. Wir empfinden das als überaus stärkend. Wir sind komfortabel mit dem Hygienekonzept, das konsequent befolgt wird und viel sicherer ist, als wenn wir uns z.B. in Supermärkten, Restaurants, im Bekanntenkreis oder in der Firma aufhalten. Heute hatte ich die Aufgabe, das Abendmahl zu segnen. Die Anwesenheit war beachtlich und somit dauerte das Austeilen des Abendmahls einen großen Teil des Gottesdienstes. Eine sehr gute Zeit in Ruhe; eine wunderbare Gelegenheit zur Selbstreflexion und zum Nachsinnen über die Bedeutung des Sühnopfers von Jesus Christus, um ein besseres Verständnis davon zu erlangen und Schlussfolgerungen für den eigenen Lebenswandel zu ziehen. Von mir aus hätte es noch länger dauern können.
Es ist gut, dass alle, die gesundheitliche oder andere Bedenken bezüglich Covid-19 haben, auch weiterhin per Zoom an den Gottesdiensten teilnehmen können. Das ist zu respektieren. Ich halte es aber für sehr wichtig, dass wir die Bedeutung der Gemeinde und damit der Gemeinschaft nicht aus den Augen verlieren. In einer Welt, die immer stärker divergiert und sich polarisiert, bleiben wir nicht von diesen Phänomenen verschont, obwohl wir es besser wissen sollten (wenn man z.B. aufmerksam das Buch Mormon liest, speziell zur Zeit das Buch Helaman, wo eindrucksvoll beschrieben wird, wohin ein solches Auseinanderdriften im Endeffekt führt). Viele Gemeinden können mehr bewirken, mehr Wärme, Geborgenheit und Geistigkeit ermöglichen, wenn ALLE, die dahin gehen, mit dem Wunsch kommen, sich den gesellschaftlichen Fliehkräften unter denen die Welt siecht, nicht nur zu entziehen, sondern im Gegenteil, wirksam dazu beitragen, das gegenseitiges Verständnis, Vergebungsbereitschaft und Nächstenliebe stetig wachsen, so dass individuelle Unterschiede in unseren Charakteren, Befindlichkeiten und Gewohnheiten, nicht die Verwerfungen bewirken können, die sie heute noch zu oft anrichten. Um es mit den Worten meines Bruders Heiko, der heute eine sehr gute Ansprache gegeben hat, auszudrücken: „Ich denke, es wird immer wichtiger, sich nicht über die Missstände um uns herum zu beklagen, sondern ihnen durch gutes Verhalten zu begegnen. Eine Möglichkeit, anderen zu helfen und dabei selbst zu wachsen, ist wirksamer als die meisten Belehrungen, die wir schnell parat haben.„
Der Herr hat uns ganz klar den Auftrag gegeben, anders zu sein. Sein Evangelium gibt uns dazu die Werkzeuge in die Hand. Das Ziel kann nicht sein, dass es lediglich ein paar weniger Auseinandersetzungen und etwas weniger „Griesgrämisierung“ und Polarisierung als in der Welt unter uns gibt. Wir haben so viel zu geben, besonders die Dinge, die in unserem gesellschaftlichen Umfeld immer rarer werden. Die Gemeinden der Kirche können in Zukunft noch viel mehr ein Zufluchtsort für alle Menschen werden, die nicht miteinander streiten oder sich gegenseitig bekämpfen, sondern etwas erfahren und fühlen wollen, das der Seele wirklich nachhaltige Nahrung beschert. Wie man das erreichen kann, ist keine komplizierte Wissenschaft. Es hat vielmehr etwas mit Herzenswünschen und Haltung zu tun.
Gemeinden können auch noch ein viel besserer Ort sein, wo unsere Lasten leichter werden. Ich habe das so oft erfahren dürfen. Das heißt nicht, dass wir Belastungen wegreden oder uns ein bequemes Evangelium schaffen, in dem es vorwiegend nach Beliebigkeit geht. Das wird in der Welt bereits ausreichend angeboten, ist aber mit Sicherheit nicht nachhaltig. Wir haben es nicht nötig, einzuknicken, wenn unser Glaube und unsere Werte in Frage gestellt werden. Es geht vielmehr darum, unserem Leben und unseren Bemühungen einen tieferen Sinn zu geben und die Perspektiven, die Gott für uns bereithält, besser zu verstehen. Damit können wir die Kraft tanken, die wir brauchen, um die Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen zu schultern und Probleme zu lösen. Schwierige zwischenmenschliche Beziehungen helfen dabei überhaupt nicht und machen Lasten oft viel schwerer, als sie eigentlich sind. Daher liegt es auf der Hand, dass die Funktion einer Gemeinde auch darin besteht, die Entwicklung wohltuender zwischenmenschlicher Beziehungen zu fördern. Das geschieht hauptsächlich durch unser eigenes Verhalten. Wir benötigen keinen Wettbewerb, wer am großartigsten ist oder am meisten im Vordergrund steht, sondern wir können unsere Energie getrost für mehr Demut und ungekünstelte Nächstenliebe verwenden.
Meine Frau und ich sind dankbar für unsere Gemeinde und dass wir regelmäßig Gelegenheiten haben, einen Teil der guten Dinge, die wir empfangen, zurück zu geben. Vieles ist noch unvollkommen. Aber das macht nichts, so lange wir den Wunsch in uns tragen, Dinge zum Guten zu verändern und es auch tun.








































