FSY Erinnerungen

Nächste Woche ist wieder FSY Time in Deutschland. Viele freiwillige Helfer, wie Tagungseltern, Koordinatoren, ACs, Betreuer und Administratoren haben in den letzten Monaten unzählige Stunden in die Vorbereitungen der beiden Veranstaltungen investiert, damit viele Jugendliche nächste Woche einen absoluten Höhepunkt in ihrem Leben verbringen können. Sie alle verdienen maximalen Dank für den oft nach außen unsichtbaren Einsatz.

Diese Woche, vor genau einem Jahr, waren Esther und ich mitten in einem der größten Abenteuer unseres Lebens. Wir waren Administratoren der FSY (For the Strength of Youth) Berlin – Ukraine Session der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, einer besonderen Woche für Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren. Ich möchte gern anhand unserer Erfahrungen ein wenig beschreiben, welche Leistungen diejenigen vollbringen, die solche Tagungen vorbereitet und durchgeführt haben oder es in Zukunft tun werden. Da einige der nachfolgenden Schilderungen vielleicht etwas abschreckend wirken könnten, fange ich mal mit dem Schluss an, denn der war all die Mühen wert. 😊

Es war Samstag, der 30. Juli 2022, der letzte FSY Tag, am späten Nachmittag. Alle waren abgereist. Wir wussten, dass alle ihre Züge, Flüge oder Busse erreicht hatten oder erreichen würden oder bereits zu Hause waren. Wir saßen in der Vogtlandbaude, die während der Woche unser Tagungsbüro gewesen war – jeden Tag von sieben Uhr morgens bis weit nach Mitternacht, immer gefüllt mit Leuten, die etwas brauchten, Fragen, Probleme oder Kummer hatten, sich mal ausruhen, reden, uns helfen, sich informieren oder einfach nur ein paar Süßigkeiten abstauben wollten. Jetzt war alles ganz ruhig. Wir hatten gerade das Abschlussgespräch mit dem Management unseres Tagungszentrums beendet. Es war ein sehr angenehmes Gespräch gewesen. Wir waren dankbar für die grandiose Unterstützung der Geschäftsführung der Tagungsstätte und des Personals. Sie hatten uns gesagt, dass FSY auch für sie eine neue und großartige Erfahrung war und dass wir jederzeit wieder willkommen wären. Dann waren Esther und ich allein in dem Raum, erschöpft von der Woche. Aber wir hatten Zeit für Gefühle, die schwer zu beschreiben sind – eine tiefe Zufriedenheit, etwas Großes geschafft zu haben – zusammen mit einem fantastischen Team, Dankbarkeit für jeden Einzelnen und einen inneren Frieden, der alle Sorgen und Mühen eines ganzes Jahres kompensierte und uns eine besondere Nähe zu unserem Himmlischen Vaters spüren ließ. Esther fragte mich: „Würdest du es nochmal machen, wenn wir gefragt würden?“ Wir wussten, dass wir es tun würden. Wir haben viele Aufgaben in der Kirche erfüllt, Gemeindeaktivitäten, Jugendtagungen, Pfahlkonferenzen und vieles mehr organisiert, aber ich glaube, diese Momente da oben mitten im Wald im Vogtland an diesem 30. Juli haben alles ein Stück weit getoppt.

Wir wurden im Sommer 2021 zu dieser Aufgabe berufen unter der Maßgabe, die Organisation der FSY-Woche 2022 für die Pfähle der Kirche Jesu Christi in Berlin, Dresden, Hannover, Hamburg und Leipzig mit der Verantwortung, den gesamten administrativen Teil zu leiten. Wir hatten keine Vorstellung, was auf uns zukommen würde und waren sehr gespannt auf die Erfahrung.

So wurden wir also Teil eines großartigen Core Teams mit den Tagungseltern Claudia und Jens, den Koordinatoren Lovis und Nicolai und unseren Stellvertretern Läti und Markus, Annett und Maik  – allesamt wunderbare Menschen, mit denen wir gute Freunde geworden sind. Außerdem konnten wir uns immer mit Fragen an die erfahrenen Admins Ronja und Simon wenden, die den Job vorher schon gemacht hatten.

Da 2022 alle, sonst nur im Zwei-Jahres-Rhythmus durchgeführten, FSY-Sessionen in Europa stattfanden, davon allein vier in Deutschland, konnten wir nicht auf das seit vielen Jahren bewährte Tagungszentrum Blaubeuren zurückgreifen und mussten eine andere Facility finden, die die FSY-Anforderungen für mehrere hundert Teilnehmer erfüllt. Innerhalb von zwei Monaten evaluierten wir über 20 Orte und entschieden uns schließlich für das KiEZ Waldpark Grünheide im Vogtland. Obwohl es schon Buchungen von unterschiedlichen anderen Gruppen für den für uns notwendigen Zeitraum gab, organisierten die Betreiber des Waldparks alles so um, dass wir das gesamte Objekt exklusiv nutzen konnten. Wir empfanden das als ein Wunder. Wie sich später zeigte, hätte es anders niemals funktionieren können.

Wir waren auf eine Tagung mit ca. 350-370 Teilnehmern aus den fünf Pfählen der Berlin Mission eingestellt und arbeiteten uns entlang der Checkliste für Administratoren in die Materie ein. Da wir ein völlig neues Objekt für die Anforderungen von FSY qualifizieren mussten, wurde uns schnell klar, dass wir viele neue Lösungen für alle möglichen Themen finden mussten, die man in Grünheide nicht so abbilden kann, wie die seit Jahren eingespielten Routinen in Blaubeuren. Die sehr gute Zusammenarbeit im Core Team und mit dem KiEZ war dabei eine große Hilfe. Schritt für Schritt bauten wir auch unser Admin Team auf, d.h. Logistik, Supply Chain, medizinische Versorgung, psychologische Betreuung, Sicherheit, soziale Medien, Musik, Finanzen und vieles mehr. Wir fanden wunderbare Mitstreiter, die bereit waren, ihre Zeit und Fähigkeiten einzubringen.

Eine positive Erfahrung war, dass wir im Core Team ein gutes gegenseitiges Verständnis bezüglich der Verantwortungsbereiche der Tagungseltern, Koordinatoren und uns als Admins hatten. Wir haben uns als Dienstleister für die Tagungseltern und Koordinatoren verstanden. Wir haben versucht, ihre Bedürfnisse umzusetzen, dabei das Budget, für das wir verantwortlich waren, im Auge zu behalten, gute Beziehungen zu den Betreibern und Mitarbeitern des KiEZ in Grünheide aufzubauen und dabei ein möglichst großes Maß an Flexibilität zu wahren. Das alles sollte sich später als sehr, sehr wichtig erweisen.

Im Herbst 2021 machten wir unsere ersten Erfahrungen mit den Unvollkommenheiten der Software. Unsere Coaches hatten uns schon vorgewarnt und nicht übertrieben. Es hat uns eine Menge zusätzliche Arbeit verschafft, Workarounds zu finden, wenn uns irgendein Software-Bug im Weg stand.

Die Koordinatoren waren im Lead bei der Auswahl der Betreuer, was sie sehr gut gemacht haben. Wir haben ein klein wenig mit unserem Netzwerk unterstützt.

Ein Schlüsselerlebnis war für uns das Area Training im Februar 2022 in Bad Homburg, bei dem wir alle europäischen Core Teams, die verantwortlichen Gebietssiebziger, den FSY-Staff und ein Mitglied der Gebietspräsidentschaft Europa trafen. Diese Tage taten uns sehr gut. Wir erhielten zahlreiche Informationen, viele Antworten und wurden besonders geistig gestärkt. Man fühlt sich als Teil eines großartigen Werkes und bekommt ein besseres Gefühl für das Big Picture. Das finde ich besonders wichtig.

Core Team beim FSY Area Training 2022

Der nächste Meilenstein war die Freischaltung der Website für die Anmeldung der Teilnehmer. Dabei brauchte es die Unterstützung der First Contacts in den Pfählen, der Pfahlpräsidenten, Bischöfe in den Gemeinden und natürlich der Eltern der Jugendlichen. Es gibt die Schnell-Anmelder (das waren uns die Liebsten), die Normalanmelder (Okay) und die Nachzügler (die organisatorische Herausforderung). Wir haben viel mit Bischöfen, Eltern und auch Teilnehmern gesprochen, für die FSY auch neu war und haben vielen durch den Anmeldeprozess geholfen, da die Software leider manchmal etwas eigenwillig war.

Im März wurde ich als Bischof meiner Heimatgemeinde berufen, was mich zeitlich und manchmal auch kräftemäßig an meine Grenzen gebracht hat. Aber wen der Herr beruft, den befähigt Er auch und davon können meine Frau und ich Zeugnis geben.

Irgendwann im April 2022 begannen Diskussionen, zu unserer FSY-Woche Jugendliche aus der Ukraine einzuladen. Organisatorisch gesehen, war das sehr, sehr spät. Nach einigen Wochen wurde es aber offiziell und wir erhielten den Auftrag, mit den verantwortlichen Kirchenführern in der Ukraine zusammenzuarbeiten, um die Jugendlichen sicher von dort nach Grünheide und wieder zurückzubringen. Ich erinnere mich noch lebhaft an unsere Videokonferenzen, meist an Sonntagen nach 22 Uhr, zwischendurch gab es in Kyiv manchmal Luftalarm. Aber das Ziel war klar, wir haben alle unser Bestes gegeben und der Herr hat dann den Rest erledigt, den wir nicht schaffen konnten.

Fast noch eine größere Herausforderung war es, die Jugendlichen zu finden, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten mussten, in vielen Ländern in Europa verstreut waren und oft auch ihren Standort wechselten. Zum Glück hatten wir mit Oksana und Yuri, die im Februar in unsere Gemeinde gezogen waren, wunderbare Helfer, ohne die wir die Aufgabe nie hätten schaffen können.

Schlussendlich wurden wir auch gebeten, Jugendliche aus Armenien und Georgien einzuladen. Spätestens ab dann war unsere Berufung ein zweiter Vollzeitjob. Wir entwickelten mit unseren Assistenten innerhalb weniger Tage ein spezielles Anmeldeverfahren, dass auf die besonderen Bedingungen der Jugendlichen aus der Ukraine zugeschnitten war (einschließlich ukrainischer Sprache) und dann begann die Arbeit, so vielen wie möglich die Teilnahme am FSY zu ermöglichen.

Administratoren sind in den 3-4 Monaten vor dem FSY wie ein Call Center, wo täglich die unterschiedlichsten Fragen auflaufen und möglichst schnell entweder gleich entschieden und beantwortet, mit dem Core Team abgestimmt oder delegiert werden müssen – und das alles, ohne dass Aufregung oder Unstimmigkeiten entstehen. Was hat uns dabei geholfen? – die herzlichen Gefühle, die wir untereinander entwickelt haben und das gemeinsame Ziel. Dadurch sind wir viel leichter zu Lösungen gekommen.

Aus einer nationalen FSY-Woche war eine internationale geworden mit beachtlichen neuen organisatorischen und logistischen Herausforderungen, fast 150 zusätzlichen Teilnehmern und einigen zusätzlichen Sprachen. Beim Gedanken, wie schnell die Zeit ins Land ging, war es manchmal nicht leicht, die Ruhe zu bewahren.

Eine unserer Aufgaben war die Beschaffung sämtlicher Materialien für die vier FSY Sessionen, die in Deutschland stattfanden – Handbücher für Teilnehmer und Betreuer in vielen Sprachen, Namensschilder, T-Shirts, Polo-Shirts (da wir nicht alle Größen gemeldet bekamen, haben wir mit Koeffizienten gearbeitet), und vieles mehr. Wir haben dabei eng mit den anderen drei deutschen FSY-Admins zusammengearbeitet. Mir hat der Austausch mit ihnen gefallen. Es gab immer etwas zu lernen oder weiterzugeben. 2022 gab es noch viele Supply Chain Probleme durch die COVID-19 Pandemie. Wir waren deshalb sehr dankbar, dass uns Dario mit seiner Firma ganz stark bei der Beschaffung der Materialien unterstützt hat und die meisten Liefertermine funktioniert haben – sogar die kurzfristigen.

Ende Mai trafen wir das gesamte Team zum Mini-FSY in Grünheide – die Generalprobe. Wir waren als Neulinge ziemlich aufgeregt, aber das Wochenende lief sehr gut. Wir fanden die Teamaufteilung für ACs und Betreuer, die sich unsere Koordinatoren überlegt hatten, sehr gelungen und inspiriert. Wir konnten auch mehr über die Pläne der Tagungseltern lernen, mit denen wir uns ebenfalls wunderbar verstanden und haben, als die Senioren der Tagung, die Zeit mit den jungen Erwachsenen, die als Betreuer berufen waren, sehr genossen. Durch die Teilnahme von ukrainischen Betreuern erhielten wir eine Vorstellung von den sprachlichen Herausforderungen, die uns in der FSY-Woche erwarten würden. Wir hatten schon unsere Fühler nach Simultanübersetzern ausgestreckt, aber die Frist war sehr kurz.

Inzwischen drehte sich bei uns zu Hause alles nur noch um FSY. Am zeitaufwendigsten waren die unvollständigen Anmeldungen, einerseits verursacht durch Softwareprobleme, andererseits aber auch durch Nachlässigkeiten in den Gemeinden. Wir haben versucht, unseren Stress auszublenden, jederzeit zu unterstützen und es wirklich jedem zu ermöglichen, sich anzumelden. Eine besondere Herausforderung war natürlich die Anmeldung unserer Freunde aus der Ukraine. Zum Glück können wir kyrillische Schrift lesen, aber durch die besondere Situation vieler Familien durch Krieg und Flucht, mussten wir oft improvisieren. Es war ein manchmal chaotischer, aber faszinierender Prozess.

Eine Verantwortung der Administratoren ist es, die Jugendlichen nach Anmeldeschluss in Gruppen einzuteilen, einschließlich der Schlafräume und Zuordnung der Betreuer, für die wir von unseren Koordinatoren alle notwendigen Informationen erhalten hatten. Für die Bildung der Gruppen gibt es bestimmte Kriterien, aber das Wichtigste ist das Gebet. Esther und ich haben tagelang gesessen, um Inspiration gebetet und nachgedacht. Ich hatte mir aus den beiden Anmeldeprozessen ein Master Spreadsheet gebaut. Esther ist mehr der analoge Typ und so haben wir sowohl digital als auch analog gearbeitet. Unser Wohnzimmer war komplett mit Karteikarten ausgelegt. Nach etlichen Tagen waren wir zufrieden mit dem Ergebnis und fühlten, dass der Heilige Geist uns unterstützt hatte. Interessanterweise gab es im Nachhinein nur geringfügige Änderungen durch Last-Minute-Teilnehmer und ein paar wenige spezielle Bedürfnisse, von denen wir vorher nichts gewusst hatten.

Anstatt der ursprünglich angepeilten 350-370 Teilnehmer einschließlich aller Betreuer und Staff, waren wir jetzt bei fast 520 und kamen an die Kapazitätsgrenzen des KiEZ in Grünheide. Wir hatten aber noch einige freie Betten in Ferienwohnungen, um bei eventuellen Coronainfektionen die Betroffenen in Quarantäne schicken zu können. Für Busfahrer und Seminarlehrer mussten wir aus Platzgründen ein Hotel in der Umgebung buchen.

In den letzten zwei Wochen vor dem FSY standen wir als Neulinge unter Hochspannung. Wir waren ein paar Tage vorher im Objekt, um die Wareneingänge zu prüfen und letzte Absprachen mit den Betreibern zu treffen. Außerdem arbeiteten wir intensiv mit der Reiseabteilung der Kirche in Frankfurt und vielen freiwilligen Helfern zusammen, um die Anreise der ukrainischen und armenischen Jugendlichen abzusichern. Sie kamen schlussendlich aus zehn verschiedenen Ländern. So etwas hatte ich vorher noch nie in diesem Ausmaß organisiert.

Das Vorbereitungswochenende verging wie im Fluge. Maik, unser Supply Chain Genie, der alles beschaffen kann, hatte eine Bühnentechnikfirma organisiert, die die vorhandene Drei-Felder-Sporthalle in eine fantastische Arena verwandelte. Unser Team hatte voll zu tun, dabei zu unterstützen. Die Logistik war komplex. Wir holten anreisende Betreuer und Staff aus fünf verschiedenen umliegenden Städten, einschließlich Karlovy Vary in Tschechien, ab.

Am Montag ging es dann los. Es kam irgendwie wie eine Lawine über uns. Die Busse aus den Pfählen kamen recht knapp nacheinander an, aber diese Last wurde von den ACs und Betreuern sehr gut abgefangen. Leider waren wir so beschäftigt, dass wir nur wenig von den Willkommens-Tänzen und Begrüßungen gesehen haben.

Das Team

Wir als Admins und unser Admin Team waren bis spät mit den ankommenden ukrainischen Flüchtlingen und ihren Begleitern beschäftigt. Einige waren tagelang unterwegs. Eine Mutter kam mit ihren Teenagern und einem Kleinkind von der Krim und reiste fünf Tage über Estland bis nach Grünheide. Als sie ankam, hatte sie ein extrem angeschwollenes Bein mit massiver Trombosegefahr. Wir gaben ihr einen Segen und unsere Ärztin brachte sie ins nächstgelegene Krankenhaus, wo sie fünf Tage bleiben musste. Wir organisierten die Betreuung für das Kleinkind, das sie mitgebracht hatte. Eine andere ukrainische Mutter, die mit ihren Kindern aus Süddeutschland angereist war, kümmerte sich schließlich darum. Eine andere ukrainische Mutter kam mit ihren Teenagern und einem Baby mit dem Zug aus Plovdiv in Bulgarien. Ein ukrainischer Vater brachte seinen Sohn mit einem alten Auto, das fast auseinanderfiel, aus Stettin. Er wollte gleich wieder zurückfahren. Wir verpflegten ihn und gaben ihm dann etwas Geld für Reparaturen. Esther und Annett kümmerten sich um die Zimmer bzw. Ferienwohnungen, die wir für die Begleiter brauchten. Das waren nur ein paar Beispiele. Ich hatte bis spät in den Abend immer eine Schlange von Leuten vor meinem Schreibtisch, die viele Probleme mitgebracht hatten, für die wir glücklicherweise irgendwie, ich weiß nicht mehr wie, aber irgendwie Lösungen fanden. Unser Ärzteteam arbeitete auf Hochtouren. Einige unserer ukrainischen Freunde waren nach der langen Anreise so erschöpft, dass sie ihre Hilfe brauchten. An diesem Tag funktionierten wir einfach mit enormen Mengen freigesetztem Adrenalin. 😊

Am Nachmittag kam Sister Bonnie H. Cordon, die Präsidentin der Junge Damen Organisation der Kirche, mit ihrem Mann in Grünheide an und verbrachte den Abend mit den Jugendlichen. Das war ein tolles Erlebnis für alle. Leider hatten wir keine Zeit dafür, aber das war auch nicht unser Job.

Die Entschädigung für die Mühen war zu sehen, wie das großartige Konzept von FSY sofort Gestalt annahm, wie sich die Betreuer um ihre Gruppen kümmerten, die Wiedersehensfreude der ukrainischen Jugendlichen aus Kyiv als sie ihre Freunde sahen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten und vieles mehr. Unter normalen Umständen wäre wahrscheinlich alles etwas geordneter abgelaufen. Wir mussten uns alle erst in die neue Umgebung und die neuen Aufgaben hineinfinden. Mit mehr Erfahrung hätten wir einige Dinge vorher besser antizipiert, aber im Nachhinein muss ich sagen, dass so bleibende Erinnerungen entstehen, die uns prägen. Der Tag war chaotisch, aber die meisten der Teilnehmer dürften davon nichts mitbekommen haben.

Einen Höhepunkt gab es aber noch. Die kleine Gruppe aus Armenien hatte früh einen Anschlussflug in Wien verpasst. Wir arbeiteten daran, alles umzudisponieren – ihren Guide auf dem Flughafen in Berlin, die Shuttlefahrer und für zwei Begleiter, ein junges Ehepaar, die Bahntickets nach Freiberg, wo sie am nächsten Tag im Tempel für Zeit und Ewigkeit gesiegelt werden wollten.

Die Armenier kamen gegen Mitternacht in Grünheide an. Den Empfang, der ihnen von 60 Betreuern bereitet wurde, werde ich mein Leben lang nicht vergessen. Das sind die Geschichten, die das Leben schreibt.

In der Nacht, kurz vor zwei Uhr schrieb ich dann noch WhatsApp Nachrichten mit Simon und Ronja, unseren Coaches, die zur gleichen Zeit als Admins für die internationale FSY-Woche in Blaubeuren dienten. „Lebt ihr noch?“, war der erste Satz. 😊 Das wurde während der Woche fast ein Ritual. Eine Woche nach dem FSY trafen wir uns in ihrem Heim in der Schweiz und hatten viel Spaß, als wir gegenseitig unsere Abenteuer Revue passieren ließen.

In den Folgetagen war die Arbeitslast weiterhin sehr hoch, aber wir fanden einen Rhythmus – bei weitem keinen perfekten, aber es lief. Es gab immer wieder größere und kleinere Probleme zu lösen, was bei 500 Leuten kein Wunder ist. Esther und ich waren sehr dankbar für unser Team. Klasse Leute, die über sich hinausgewachsen sind. Wir haben weiterhin Segen gegeben, wenn jemand einen brauchte, waren manchmal lost in translation, wenn grad alle Übersetzer beschäftigt waren, und ab und zu hatten wir ein paar Momente, die Atmosphäre einzusaugen, die von den Tagungseltern, Betreuern und Jugendlichen geschaffen wurde.

Dienstagmittag hatte ich beim Essen Gelegenheit, mich etwas mit Sister Cordon auszutauschen. Es war ein sehr wohltuendes Gespräch mit einer starken und erfahrenen Frau. Es war auch schön, am Dienstag, traditionell der Seminartag beim FSY, viele bekannte Gesichter unter den Lehrern zu treffen. Sie haben alle einen großartigen Job gemacht.

Als Administrator habe ich es als meine Aufgabe gesehen, aktiv dafür zu sorgen, dass keine Spannungen, die unter Stress im Team entstehen können, eskalieren, sondern dass möglichst ein guter Geist und gute Gefühle herrschen. Nicht jede Spannung konnte verhindert werden, dafür sind wir alle zu verschieden, aber ich habe versucht, ein ausgeglichener und ruhender Pol zu sein, pragmatische Entscheidungen zu treffen und sie mit Liebe zu erklären. Es ist nicht immer so gelungen, wie ich es gern gehabt hätte, aber ich habe es versucht. Stress nimmt mir den Appetit. In den ersten drei Tagen wurde ich von Esther und unseren Mitarbeitern zum Essen genötigt. Der Adrenalinlevel war sehr hoch. Wir sind mit durchschnittlich drei Stunden Schlaf klargekommen. Unser Sohn und seine Frau, die mentale Betreuer während der Woche waren und über psychologische Ausbildung verfügen, haben mir die Sache mit dem Adrenalinlevel nach dem FSY erklärt.

Sehr gern hätten wir mehr von den vielen FSY Veranstaltungen mitbekommen, die Morgenandachten der Tagungseltern und vieles mehr. Aber dafür waren wir nicht in Grünheide. Unsere Aufgabe war es, im Hintergrund alles am Laufen zu halten. Trotzdem konnten wir an einigen Dingen Anteil nehmen – den Banner & Cheer Abend am Mittwoch (tolle Präsentationen der Teams), einen Teil der Talentshow am Donnerstag (sehr beeindruckend) und ein bisschen Abschlussball am Freitag, obwohl wir dort schon wieder voll damit beschäftigt waren, die Heimreise der ukrainischen Flüchtlinge zu organisieren. Wir waren glücklich, dass die Jugendlichen eine so gute Zeit hatten. Die meisten haben sich vorbildlich verhalten. Einige wenige leider nicht so ganz. Es waren keine schlimmen Dinge dabei, aber es ist zusätzliche Arbeit entstanden – ich denke z.B. an mutwillige Toilettenverschmutzungen, von denen ich eine selbst beseitigt habe, was extrem eklig war. Das Personal des KiEZ war in der Regel entspannt, da sie offensichtlich an weit schlimmere Exzesse von alkoholisierten Besuchern das ganze Jahr über gewöhnt sind. Aber das ist nicht der Maßstab für uns als Mitglieder der Kirche. Bis auf ganz wenige Ausnahmen, haben sich unsere Teilnehmer an unsere Maßstäbe gehalten und das wurde von den Betreibern des KiEZ sehr geschätzt. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Mitglieder unseres Teams, die nachts für die Sicherheit gesorgt haben.

Corona hat uns nicht ganz verschont. Wir mussten eine Schwester aus der Ukraine, die mit ihren Kindern aus einem anderen europäischen Land angereist war, in Quarantäne schicken, da wir ihr Baby positiv getestet hatten. Gegen Ende der Woche hatten wir noch einen positiven Test und haben dafür unsere Zimmerreserven für die Quarantäne genutzt. Unsere Ärztin Connie hat mit ihrem Team ihr Bestes gegeben, wofür wir sehr dankbar sind. Trotzdem haben einige Jugendliche Corona mit nach Hause genommen. Wir waren aber froh, dass sich das Ausmaß während der Veranstaltung in engen Grenzen gehalten hat.

Am Samstag, dem Abreisetag, unser einziger Regenvormittag, erhielt ich früh um acht eine Hiobsbotschaft vom Travel Department in Frankfurt. Über Nacht waren fast alle gebuchten Shuttles, die nach Berlin, Frankfurt, Dresden und noch irgendwo anders hin fahren sollten, aus unerklärlichen Gründen gecancelt worden. Um neun Uhr begann die Abreise und einige Teilnehmer, die nicht mit den Bussen reisen konnten, mussten Flieger oder Züge erreichen. Wir hatten also nicht viel Zeit und mussten improvisieren. Irgendwie haben wir es geschafft, dass für alle gesorgt werden konnte und niemand irgendwo gestrandet ist. Das war nur möglich, weil einige aus dem Team spontan noch mehr Zeit geopfert und Fahrdienste übernommen haben.

Nach der Abschlussandacht mit dem kompletten Team und unserem zuständigen Gebietssiebziger Elder Michael Cziesla war es Zeit, sich zu verabschieden. Wir sind in dieser Woche zusammengewachsen. Es war ein besonderes Erlebnis.

Wir hatten danach noch mehrere Wochen mit allen finanziellen Abrechnungen zu tun. Der Adrenalinspiegel normalisierte sich und die Erinnerungsphase setzte ein.

Bedanken möchte ich mich bei Michael, der uns sein Vertrauen schenkte und uns einfach machen ließ, aber zur Stelle war, als wir ihn brauchten. Herzlichen Dank auch an Claudia und Jens, die Tagungseltern, Lovis und Nicolai, die Koordinatoren und das gesamte Team. Es war uns ein Ehre, mit allen zusammenzuarbeiten. Das Motto der Tagung war „Trust in the Lord“ – „Vertrau auf den Herrn“. Das haben wir getan.

P.S. Wir haben immer noch einige Fundsachen. 😊

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