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Lernerfahrung

Vergangenen Freitag war ich in Frankfurt im europäischen Headquarter unserer Kirche und durfte miterleben, wie Elder David A. Bednar vom Rat der Zwölf Apostel zu uns als Workforce der Kirche gesprochen hat.

Zehn Tage vor der Bundestagswahl konnte es keinen größeren Kontrast zu dem an Absurditäten so reichem Theater geben, das wir in Politik und Gesellschaft erleben – in einem Land, in dem es um den moralischen Kompass, Demut, Selbstreflektion und gesundes Urteilsvermögen nicht gut bestellt ist. Es ist bedrückend zu beobachten, dass das Evangelium Jesu Christi in den politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen und im Verhalten der Akteure kaum noch wahrnehmbar ist. Das kann man deutlich an den Früchten, die hervorgebracht werden, erkennen. Wahrheit und Irrtum geraten zunehmend durcheinander und es gibt wenig Entschlossenheit, von Fehlentscheidungen umzukehren.

Ich wünschte, sehr viele Menschen hätten Elder Bednar´s Rede hören können. Im folgenden habe ich zusammengefasst, was ich gelernt habe.

Er begann mit der wichtigen Aufforderung, dankbar dafür zu sein, dass wir in dieser Evangeliumsdispensation, der Fülle der Zeiten leben und agieren können. Es gibt für uns keinen Grund, passiv zu sein, sondern vielmehr besser zu verstehen, was der Herr von uns erwartet. Wenn uns das klarer wird, können wir erfahren, was es heißt, „excited beyond measure“ – über alle Maßen begeistert vom Werk des Herrn zu sein.

Verschiedene Kollegen hatten im Vorfeld Fragen gestellt, die sich auf einige Bereiche unserer professionellen Arbeit bezogen. Elder Bednar gab eine Antwort auf alle diese Fragen: „Cleave unto charity, for charity faileth not.“ Haltet an Nächstenliebe fest, denn die Nächstenliebe geht nicht fehl.

Wir waren anfangs von der Antwort erstaunt. Im kirchlichen Umfeld predigen wir diesen Grundsatz ständig, aber im beruflichen oder politischen Kontext erfährt er wenig Beachtung.

Elder Bednar betonte, dass dieses Prinzip der Schlüssel zur Lösung unzähliger, auch professioneller, Probleme ist. Wir erhalten dadurch Zugang zu celestialen Lösungswegen, die unsere oft noch telestiale Denkweise ersetzen sollten.

Er kombinierte in der Folge das Prinzip der Nächstenliebe mit dem Ausharren bis ans Ende. Siehe Lehre und Bündnisse 121:29:

Alle Throne und Königreiche, Fürstentümer und Mächte werden offenbart und all denen anheimgegeben werden, die um des Evangeliums Jesu Christi willen tapfer ausgeharrt haben.

Der telestiale Ansatz basiert häufig auf Transaktionsdenken, wie in einem Selbsthilfebuch oder einer Vending Machine. Ich stecke oben etwas hinein und erwarte, dass die Gegenleistung sofort unten herauskommt. Das ist in der Regel nicht die Art und Weise, wie der Herr mit uns umgeht. Dem Herrn geht es darum, dass wir uns verändern und Ihm ähnlicher werden. Das ist ein ständiger, inkrementeller Prozess, der uns Freude bringt, wenn wir uns darauf einlassen.

Um den Unterschied zwischen der telestialen und celestialen Herangehensweise und den Zusammenhang zwischen Nächstenliebe und Ausharren (nicht als kraftraubende Routine, die es zu vermeiden gilt) zu verstehen, haben wir uns gemeinsam die bekannten Verse im Buch Mormon, Moroni 7, ab Vers 44 angesehen.

Denn sonst sind sein Glaube und seine Hoffnung unnütz, denn niemand ist vor Gott annehmbar als nur die Sanftmütigen und die von Herzen Demütigen; und wenn ein Mensch sanftmütig und von Herzen demütig ist und durch die Macht des Heiligen Geistes bekennt, dass Jesus der Christus ist, muss er notwendigerweise Nächstenliebe haben; denn wenn er keine Nächstenliebe hat, ist er nichts; darum muss er notwendigerweise Nächstenliebe haben.

Das erklärt, warum eine Welt ohne Demut und Jesus Christus enorme Probleme mit Lieblosigkeit hat, mit allen gesellschaftlichen Konsequenzen. Diese Konsequenzen kosten entscheidende Kräfte, die zur Lösung von Problemen gebraucht werden. Weiter mit Vers 45:

Und Nächstenliebe ist langmütig und ist gütig und neidet nicht und ist nicht aufgeblasen, sucht nicht das Ihre, lässt sich nicht leicht zum Zorn reizen, denkt nichts Böses und freut sich nicht am Übeltun, sondern freut sich an der Wahrheit, erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, erduldet alles.

Selbsterklärend und sehr klar in der Aussage. Vers 46:

Darum, meine geliebten Brüder, wenn ihr nicht Nächstenliebe habt, seid ihr nichts, denn die Nächstenliebe hört niemals auf. Darum haltet an der Nächstenliebe fest, die von allem das Größte ist, denn alles muss aufhören

Das Festhalten an Nächstenliebe ist dauerhaft, weil daraus nachhaltige Ergebnisse wachsen, die die Motivation zum Ausharren stärken. Im Vers 48 wird erklärt, wie wir dahin kommen können und warum die celestiale Herangehensweise für alles, woran wir glauben und worauf wir hoffen, notwendig ist.

Hier wird der Kontrast zur telestialen Denkweise (also der Welt in der wir jetzt leben) deutlich und deren schlussendliches und unvermeidliches Scheitern. Vers 47:

aber die Nächstenliebe ist die reine Christusliebe, und sie dauert für immer fort; und bei wem am letzten Tag festgestellt wird, dass er sie besitzt, dem wird es wohl ergehen.

Darum, meine geliebten Brüder, betet mit der ganzen Kraft des Herzens zum Vater, dass ihr von dieser Liebe erfüllt werdet, die er all denen zuteilwerden lässt, die wahre Nachfolger seines Sohnes Jesus Christus sind; damit ihr Söhne Gottes werdet; damit wir, wenn er erscheinen wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist; damit wir diese Hoffnung haben; damit wir rein gemacht werden, so wie er rein ist. Amen.

Nächstenliebe ist eine wesentliche Voraussetzung für Resilienz, Weitermachen und das Überwinden von Problemen und Hindernissen.

Elder Bednar ersetzte den Begriff „Ausharren bis zum Ende“ durch den Ausdruck „oder ist erfüllt von der reinen Liebe Christi“. Wer so fühlt, hängt nicht symbolisch gesehen, angestrengt und mit knirschenden Zähnen an einer Reckstange, sondern wird im wahrsten Sinn des Wortes aus diesem Zustand errettet. Es ändert alles und ist eine mächtige geistige Transformation.

In Moroni 8:16 werden am Beispiel der Taufe noch weitere Dinge erklärt – siehe die Hervorhebungen:

Weh sei denen, die die Wege des Herrn auf diese Weise verkehren, denn sie werden zugrunde gehen, wenn sie nicht umkehren. Siehe, ich spreche unerschrocken, denn ich habe Vollmacht von Gott; und ich fürchte nichts, was Menschen tun können; denn vollkommene Liebe vertreibt alle Furcht.

Wenn wir sorgfältig beobachten, was in der Welt geschieht, sehen wir wie zutreffend diese Aussagen sind und wie ihre Relevanz immer größer wird.

Im 13. Glaubensartikel der Kirche Jesu Christi wird der moralische Kompass, der Rechtschaffenheit ausmacht, gut zusammengefasst.

Wir glauben, dass es recht ist, ehrlich, treu, keusch, gütig und tugendhaft zu sein und allen Menschen Gutes zu tun; ja, wir können sagen, dass wir der Ermahnung des Paulus folgen – wir glauben alles, wir hoffen alles, wir haben viel ertragen und hoffen, alles ertragen zu können. Wenn es etwas Tugendhaftes oder Liebenswertes gibt, wenn etwas guten Klang hat oder lobenswert ist, so trachten wir danach.

Das alles basiert auf dem unbegrenzten Sühnopfer, das Jesus Christus vollbracht hat. Wir sollten es nicht als eine Selbstverständlichkeit betrachten. Jesus Christus hat für Schulden bezahlt, die wir nicht bezahlen können. Von uns wird die Einsicht und Umkehr von Fehlern erwartet, die ganz persönliche Anwendung des Sühnopfers in unserem Leben. Das ist ein celestiales Prinzip, das unsere Fähigkeit zu lieben und auszuharren mit allen damit verbundenen Segnungen erweitert. Dadurch lernen wir von Christus wie wir Probleme lösen und Heilung erfahren können.

Ölbaum

In Zeiten der Coronavirus Pandemie, in der auch unser Kirchenleben eingeschränkt ist, lernen wir auch die positiven Seiten und Möglichkeiten der sozialen Medien besser kennen. Ich finde es toll, dass wir dadurch Zugang zu vielen aufbauenden Botschaften, Bildern und Videos erhalten. Allerdings sollten wir dabei nicht diejenigen vergessen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht online sein können oder möchten, und die in diesen Tagen leicht vergessen werden. Es gibt immer noch Telefone, Stifte und Papier.

Ich bin in unserer Gemeinde als Lehrer für die Jugendlichen tätig und habe mir gedacht, für sie ein Video über ein Kapitel im Buch Mormon zu drehen, dass oft stiefmütterlich behandelt wird, da es sehr lang ist, eine gewisse Komplexität hat und idealerweise eine ganze Menge Vorwissen für ein gutes Verständnis braucht.

Es handelt sich um das Gleichnis vom Ölbaum in Jakob Kapitel 5. Ich hoffe, meine Gedanken, die als Anregungen zu verstehen sind, helfen dabei, diesen sehr wichtigen Teil der Heiligen Schriften besser zu verstehen. Herzlichen Dank an meine Ehefrau Esther, die mich tatkräftig unterstützt hat. 🙂

Wer möchte, kann den Beitrag gern teilen. Euch allen einen schönen Sonntag und eine gute und erträgliche neue Woche.

Hier ist der Link zum Youtube Video:

 

Hier die Präsentation zum Download:

BM Jakob 5 – Das Gleichnis vom Ölbaum

 

David A. Bednar´s Buch „Increase in Learning“

Ich habe in den letzten Wochen Elder David A. Bednar’s Buch „Increase in Learning“ (Im Lernen Zunehmen) gelesen. Gelesen ist eigentlich der falsche Ausdruck, denn das Lesen hat sich sehr schnell in Studieren und eine intensive Beschäftigung mit dem Inhalt des Buches gewandelt.
Genau dies ist auch der Zweck dieses Buches sowie des zusätzlichen Materials (DVD,  Website).

Siehe auch: http://seek.deseretbook.com/david-bednar/a

 Das Buch fordert zum gründlichen Nachdenken auf und zeigt klare Wege zur Umsetzung der darin enthaltenen Anregungen. Es ist keine Lektüre zur Unterhaltung und Zerstreuung. Wenn man das erwartet, wird man frühzeitig hängen bleiben oder die Tiefe der Gedanken und die beschriebenen geistigen und logischen Zusammenhänge nicht erreichen oder erkennen.

Man braucht keinen akademischen Grad, um das Buch zu verstehen. Man muss aber systematisch mit dem Buch arbeiten, mit einer Einstellung der Belehrbarkeit, ohne die gewöhnlichen Filter, mit denen wir unliebsame Wahrheiten manchmal ausblenden.
Am meisten begeistert mich die Verbindung von Geistigkeit mit intellektueller Herausforderung, die Elder Bednar auf gut verständliche Weise herstellt.

 Zu Beginn des Buches wird die individuelle Verantwortung eines jeden Menschen, beständig zu lernen, betont. Klingt wie eine Selbstverständlichkeit, aber es ist kein Geheimnis, dass das selbständige Lernen, besonders ohne formellen Rahmen, Vielen Schwierigkeiten bereitet. Die Versuchung ist groß, sich lieber „berieseln“ zu lassen, als selbst zu suchen und dabei einige Regeln einzuhalten.
Wie Elder Bednar im Nachfolgebuch „Act in Doctrine“ schreibt sind wir hier auf dieser Erde, um uns auf die Ewigkeit vorzubereiten, zu lernen wie man lernt (das war für mich der entscheidende Faktor in meinem Ingenieurstudium), das Lernen zu lieben, Dinge zu lernen, die sowohl jetzt als auch in Bezug auf die Ewigkeit von entscheidender Bedeutung sind und anderen dabei behilflich zu sein, Weisheit und Wahrheit zu lernen. Erstaunlicherweise werden die Dinge, die für die Ewigkeit von Bedeutung sind, oft vernachlässigt oder völlig ignoriert. Selbst wenn man an so etwas wie ein ewiges Leben nicht glauben kann, ist es kein Fehler, sich mit den Dingen, die dafür von Bedeutung sind zu beschäftigen, denn sie sind für unser sogenanntes „irdisches“ Leben genauso essentiell. Dabei geht es im Besonderen um die Fragen wer wir sind, woher wir gekommen sind und weshalb wir auf der Erde leben – alles sehr interessante Fragen, über die es viel zu lernen gibt.

Ein zweiter Punkt ist die Analyse wie Wissen, Verstehen und Intelligenz aufeinander aufbauen und sich gegenseitig bedingen. Dabei habe ich eine Reihe von Punkten besser verstanden, obwohl sie mir nicht neu waren.

 Unsere Gesellschaft legt sehr großes Augenmerk auf die Verbreitung von Fakten und Informationen, die wir mehr oder weniger bewusst sammeln, versuchen zu organisieren, zu interpretieren und miteinander in Beziehung zu setzen. Die Fülle verfügbarer Information bereitet dabei zunehmend Schwierigkeiten, besonders dann, wenn die Prinzipien des Verstehens und der Intelligenz nicht beachtet werden.

Während Wissen sich also primär auf den Intellekt bezieht, wird der Begriff des Verstehens in den Heiligen Schriften hauptsächlich in Bezug auf unser Herz verwendet. Es geht also nicht nur um das intellektuelle und kognitive Begreifen von Zusammenhängen (was natürlich sehr wichtig ist), speziell dann, wenn es um Wahrheiten geht, die die Ewigkeit betreffen. Vielmehr erklären uns die Heiligen Schriften, dass das Verstehen ewig gültiger Lehren dann eintritt, wenn deren Wahrheit durch den Heiligen Geist bestätigt wird. Die Heiligen Schriften erklären auch wie das geschieht.
In diesem Sinne geht das Erwerben von Wissen dem Verstehen selbstverständlich voraus – ein leeres Gehirn kann schlecht inspiriert werden 🙂
Verstehen ist aber wiederum die Basis für Intelligenz, die wir in diesem Kontext anders definieren als allgemein üblich.

 Intelligenz ist die rechtschaffene Anwendung von dem, was man weiß und verstanden hat – und zwar im Handeln und in der Beurteilung von Ereignissen, Information, Menschen und Problemen. Es würde wesentlich weniger zwischenmenschliche Probleme geben, wenn das Prinzip wie Informationen und Wissen als Basis für das Verstehen funktionieren sollten (besonders was die Rolle des Heiligen Geistes beim Verstehen betrifft), beachtet würden. Wie oft würden wir uns mit der Beurteilung von Dingen zurückhalten, weil wir genau wissen, dass wir zu wenig wissen oder noch nicht genug verstanden haben.
Intelligenz ist nicht der Ausdruck oder eine Maßeinheit von Wissen. Wir sind intelligent, wenn wir beständig richtig und rechtschaffen handeln.

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich damit, wie man Gott gebetserfüllt um Erkenntnis bittet. Er hat dafür ein Muster gegeben, welches die Voraussetzung für das Erhalten von Antworten auf unsere Fragen, Inspiration und Offenbarung ist.

Neues Testament, Matthäus 7:7,8 oder Buch Mormon, 3 Nephi 14:7,8

7  Bittet, und es wird euch gegeben werden; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und es wird euch aufgetan werden.
8  Denn ein jeder, der bittet, empfängt; und wer da sucht, der findet; und dem, der anklopft, wird aufgetan werden.

Diese drei Schritte müssen etwas genauer definiert werden, was im Buch getan wird. Einfach zusammengefasst ergeben sich für uns als Lernende drei grundlegende Verantwortlichkeiten:
1. Rat von Gott suchen durch Bitten, Suchen und Anklopfen erfordert Glauben und ist ein Ausdruck desselben.
2. Es handelt sich um einen aktiven Prozess, der sowohl Beharrlichkeit als auch Geduld erfordert.
3. Das Wahrnehmen und Anerkennen von Gottes Willen in unserem Leben sind entscheidende Elemente dieses Erkenntnisprozesses.
Moroni erklärt im Buch Mormon wie wichtig es ist, mit aufrichtigem Herzen und wirklichem Vorsatz zu fragen, wenn man ein Zeugnis empfangen will. Ich habe mich an zahlreiche Menschen erinnert, die rein informativ erkannt haben, wie sinnvoll und richtig Grundsätze des Evangeliums sind. Sie hatten aber nicht die Absicht, sie zu einem Bestandteil ihres Lebens zu machen und deshalb konnten sie nie das sichere Gefühl der Bestätigung durch den Heiligen Geist in ihren Herzen spüren. Siehe oben die Erläuterungen zum Verstehen.
Hier die Schriftstelle:
„Und ich möchte euch ermahnen: Wenn ihr dieses hier empfangt,so fragt Gott, den Ewigen Vater, im Namen Christi, ob es wahr ist; und wenn ihr mit aufrichtigem Herzen, mit wirklichem Vorsatz fragt und Glauben an Christus habt, wird er euch durch die Macht des Heiligen Geistes kundtun, dass es wahr ist.
Und durch die Macht des Heiligen Geistes könnt ihr von allem wissen, ob es wahr ist.“
Buch Mormon, Moroni 10:4,5
Ein letzter Schwerpunkt des Buches ist der Zusammenhang zwischen Lehre, Prinzipien und Anwendungen. Die Ausführungen sind sehr interessant. Es ist nicht schwierig zu beobachten, dass Anwendungen sich allmählich und manchmal unmerklich von Lehren und Prinzipien entfernen, wenn letztere vernachlässigt werden. Es passiert ständig, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche. Wenn es keine Rückbesinnung auf die entsprechenden Lehren gibt und die Orientierung nur auf der Basis von Erfahrungen, die von den Lehren divergieren, erfolgt, werden die Werte der Lehren allmählich an Bedeutung verlieren und die Segnungen, die auf dem Festhalten der Lehren und Prinzipien beruhen, nehmen ab. Die Folge ist, dass das Vertrauen in die Lehren des Evangeliums geringer werden kann und damit auch das Vertrauen in Gott. In den Heiligen Schriften wird dieser Prozess häufig damit verglichen, dass sich Menschen auf den „Arm des Fleisches“ verlassen.
Der Prophet Nephi drückt es im Buch Mormon in 2. Nephi 4 wie folgt aus:
34  O Herr, ich habe auf dich vertraut, und ich werde auf dich vertrauen immerdar. Ich werde mein Vertrauen nicht in den Arm des Fleisches setzen; denn ich weiß, daß der verflucht ist, der sein Vertrauen in den Arm des Fleisches setzt. Ja, verflucht ist, wer sein Vertrauen in Menschen setzt oder Fleisch zu seinem Arm macht.
35  Ja, ich weiß, daß Gott dem gern gibt, der bittet. Ja, mein Gott wird mir geben, wenn ich nichts Unrechtes bitte; darum werde ich meine Stimme zu dir erheben; ja, ich werde zu dir rufen, mein Gott, dem Fels meiner Rechtschaffenheit. …“
Die Schriftstelle muss man im richtigen Kontext betrachten, z.B. warum die Lehren des Evangeliums so wichtig sind und warum Anwendungen, die sich auf Evangeliumslehren gründen, wichtiger sind als Anwendungen, die sich nur auf die Erfahrungen mit Anwendungen gründen.
Die Lehren des Evangelium erklären das „Warum“. Zum Beispiel erklärt der Plan der Erlösung warum wir auf der Erde sind. Die Lehre des Sühnopfers Christi erklärt, warum Jesus Christus unser Vermittler und Fürsprecher beim Vater ist. Die Lehre vom Wesen Gottes erklärt uns, warum es erstrebenswert ist, dafür zu arbeiten, wieder zu ihm zurückzukehren und welche Bedingungen dafür bestehen.
Die Evangeliumslehren sind wahr, ewig, beständig und ändern sich daher nicht. Deshalb bieten sie Sicherheit und Nachhaltigkeit.
Aus den Evangeliumslehren leiten wir Prinzipien ab (z.B. Gehorsam, Dienen, etc.), die ebenfalls ewig und beständig sind und die Frage nach dem „Was“ beantworten. Sie weisen die Richtung und sind Richtschnur für Verhalten und Handlungen. Es ist eine nützliche Übung, über diese Struktur nachzudenken und den Lehren und Prinzipien eine stärkere Bedeutung zu verleihen. Meine Erfahrung dabei war, das mir klar geworden ist, wie schnell grundlegende Lehren und Prinzipien in Vergessenheit oder vielleicht eher aus dem Blickfeld geraten können, wenn man sich im alltäglichen Handeln nicht bewusst an ihnen misst.
Die Anwendungen, schlussendlich, beantworten die Frage nach dem „Wie“.  Anwendungen werden wir immer an individuelle Situation und Bedürfnisse anpassen müssen. Umso wichtiger ist das Fundament auf dem sie stehen. Es ist klug, bei Herausforderungen zu hinterfragen, welche Evangeliumslehren und daraus abgeleitete Prinzipien uns helfen können und damit unseren Anwendungen die passende Richtung zu geben.
Der Zusammenhang zwischen Lehren, Prinzipien und Anwendungen gibt uns ein mächtiges Werkzeug in die Hand, beständig im Lernen zuzunehmen und ein nachhaltiges Leben zu führen, mit der Sicherheit, die ewig und objektiv gültige Lehren und Prinzipien bereiten. Wir erleben in unserer Gesellschaft eine wachsende Missachtung dieses Zusammenhanges, mit verheerenden Folgen. Innerhalb der Kirche sollten wir nicht den gleichen Fehler machen.
Das Buch „Increase in Learning“ hat mir geholfen, meine Lernprozesse bewusster zu erleben und auch zu hinterfragen – besonders in Bezug auf die Punkte, von denen ich weiß, dass ich sie ändern sollte.
Leider gibt es keine gesamte deutsche Übersetzung des Buches. Einige Abschnitte kann man aber in deutsch nachlesen, was ich wärmstens empfehlen kann, z.B.:
– Buch Mormon, 1. Nephi Kapitel 11-14