David A. Bednar´s Buch „Increase in Learning“

Ich habe in den letzten Wochen Elder David A. Bednar’s Buch „Increase in Learning“ (Im Lernen Zunehmen) gelesen. Gelesen ist eigentlich der falsche Ausdruck, denn das Lesen hat sich sehr schnell in Studieren und eine intensive Beschäftigung mit dem Inhalt des Buches gewandelt.
Genau dies ist auch der Zweck dieses Buches sowie des zusätzlichen Materials (DVD,  Website).

Siehe auch: http://seek.deseretbook.com/david-bednar/a

 Das Buch fordert zum gründlichen Nachdenken auf und zeigt klare Wege zur Umsetzung der darin enthaltenen Anregungen. Es ist keine Lektüre zur Unterhaltung und Zerstreuung. Wenn man das erwartet, wird man frühzeitig hängen bleiben oder die Tiefe der Gedanken und die beschriebenen geistigen und logischen Zusammenhänge nicht erreichen oder erkennen.

Man braucht keinen akademischen Grad, um das Buch zu verstehen. Man muss aber systematisch mit dem Buch arbeiten, mit einer Einstellung der Belehrbarkeit, ohne die gewöhnlichen Filter, mit denen wir unliebsame Wahrheiten manchmal ausblenden.
Am meisten begeistert mich die Verbindung von Geistigkeit mit intellektueller Herausforderung, die Elder Bednar auf gut verständliche Weise herstellt.

 Zu Beginn des Buches wird die individuelle Verantwortung eines jeden Menschen, beständig zu lernen, betont. Klingt wie eine Selbstverständlichkeit, aber es ist kein Geheimnis, dass das selbständige Lernen, besonders ohne formellen Rahmen, Vielen Schwierigkeiten bereitet. Die Versuchung ist groß, sich lieber „berieseln“ zu lassen, als selbst zu suchen und dabei einige Regeln einzuhalten.
Wie Elder Bednar im Nachfolgebuch „Act in Doctrine“ schreibt sind wir hier auf dieser Erde, um uns auf die Ewigkeit vorzubereiten, zu lernen wie man lernt (das war für mich der entscheidende Faktor in meinem Ingenieurstudium), das Lernen zu lieben, Dinge zu lernen, die sowohl jetzt als auch in Bezug auf die Ewigkeit von entscheidender Bedeutung sind und anderen dabei behilflich zu sein, Weisheit und Wahrheit zu lernen. Erstaunlicherweise werden die Dinge, die für die Ewigkeit von Bedeutung sind, oft vernachlässigt oder völlig ignoriert. Selbst wenn man an so etwas wie ein ewiges Leben nicht glauben kann, ist es kein Fehler, sich mit den Dingen, die dafür von Bedeutung sind zu beschäftigen, denn sie sind für unser sogenanntes „irdisches“ Leben genauso essentiell. Dabei geht es im Besonderen um die Fragen wer wir sind, woher wir gekommen sind und weshalb wir auf der Erde leben – alles sehr interessante Fragen, über die es viel zu lernen gibt.

Ein zweiter Punkt ist die Analyse wie Wissen, Verstehen und Intelligenz aufeinander aufbauen und sich gegenseitig bedingen. Dabei habe ich eine Reihe von Punkten besser verstanden, obwohl sie mir nicht neu waren.

 Unsere Gesellschaft legt sehr großes Augenmerk auf die Verbreitung von Fakten und Informationen, die wir mehr oder weniger bewusst sammeln, versuchen zu organisieren, zu interpretieren und miteinander in Beziehung zu setzen. Die Fülle verfügbarer Information bereitet dabei zunehmend Schwierigkeiten, besonders dann, wenn die Prinzipien des Verstehens und der Intelligenz nicht beachtet werden.

Während Wissen sich also primär auf den Intellekt bezieht, wird der Begriff des Verstehens in den Heiligen Schriften hauptsächlich in Bezug auf unser Herz verwendet. Es geht also nicht nur um das intellektuelle und kognitive Begreifen von Zusammenhängen (was natürlich sehr wichtig ist), speziell dann, wenn es um Wahrheiten geht, die die Ewigkeit betreffen. Vielmehr erklären uns die Heiligen Schriften, dass das Verstehen ewig gültiger Lehren dann eintritt, wenn deren Wahrheit durch den Heiligen Geist bestätigt wird. Die Heiligen Schriften erklären auch wie das geschieht.
In diesem Sinne geht das Erwerben von Wissen dem Verstehen selbstverständlich voraus – ein leeres Gehirn kann schlecht inspiriert werden 🙂
Verstehen ist aber wiederum die Basis für Intelligenz, die wir in diesem Kontext anders definieren als allgemein üblich.

 Intelligenz ist die rechtschaffene Anwendung von dem, was man weiß und verstanden hat – und zwar im Handeln und in der Beurteilung von Ereignissen, Information, Menschen und Problemen. Es würde wesentlich weniger zwischenmenschliche Probleme geben, wenn das Prinzip wie Informationen und Wissen als Basis für das Verstehen funktionieren sollten (besonders was die Rolle des Heiligen Geistes beim Verstehen betrifft), beachtet würden. Wie oft würden wir uns mit der Beurteilung von Dingen zurückhalten, weil wir genau wissen, dass wir zu wenig wissen oder noch nicht genug verstanden haben.
Intelligenz ist nicht der Ausdruck oder eine Maßeinheit von Wissen. Wir sind intelligent, wenn wir beständig richtig und rechtschaffen handeln.

Ein weiteres Kapitel beschäftigt sich damit, wie man Gott gebetserfüllt um Erkenntnis bittet. Er hat dafür ein Muster gegeben, welches die Voraussetzung für das Erhalten von Antworten auf unsere Fragen, Inspiration und Offenbarung ist.

Neues Testament, Matthäus 7:7,8 oder Buch Mormon, 3 Nephi 14:7,8

7  Bittet, und es wird euch gegeben werden; suchet, und ihr werdet finden; klopfet an, und es wird euch aufgetan werden.
8  Denn ein jeder, der bittet, empfängt; und wer da sucht, der findet; und dem, der anklopft, wird aufgetan werden.

Diese drei Schritte müssen etwas genauer definiert werden, was im Buch getan wird. Einfach zusammengefasst ergeben sich für uns als Lernende drei grundlegende Verantwortlichkeiten:
1. Rat von Gott suchen durch Bitten, Suchen und Anklopfen erfordert Glauben und ist ein Ausdruck desselben.
2. Es handelt sich um einen aktiven Prozess, der sowohl Beharrlichkeit als auch Geduld erfordert.
3. Das Wahrnehmen und Anerkennen von Gottes Willen in unserem Leben sind entscheidende Elemente dieses Erkenntnisprozesses.
Moroni erklärt im Buch Mormon wie wichtig es ist, mit aufrichtigem Herzen und wirklichem Vorsatz zu fragen, wenn man ein Zeugnis empfangen will. Ich habe mich an zahlreiche Menschen erinnert, die rein informativ erkannt haben, wie sinnvoll und richtig Grundsätze des Evangeliums sind. Sie hatten aber nicht die Absicht, sie zu einem Bestandteil ihres Lebens zu machen und deshalb konnten sie nie das sichere Gefühl der Bestätigung durch den Heiligen Geist in ihren Herzen spüren. Siehe oben die Erläuterungen zum Verstehen.
Hier die Schriftstelle:
„Und ich möchte euch ermahnen: Wenn ihr dieses hier empfangt,so fragt Gott, den Ewigen Vater, im Namen Christi, ob es wahr ist; und wenn ihr mit aufrichtigem Herzen, mit wirklichem Vorsatz fragt und Glauben an Christus habt, wird er euch durch die Macht des Heiligen Geistes kundtun, dass es wahr ist.
Und durch die Macht des Heiligen Geistes könnt ihr von allem wissen, ob es wahr ist.“
Buch Mormon, Moroni 10:4,5
Ein letzter Schwerpunkt des Buches ist der Zusammenhang zwischen Lehre, Prinzipien und Anwendungen. Die Ausführungen sind sehr interessant. Es ist nicht schwierig zu beobachten, dass Anwendungen sich allmählich und manchmal unmerklich von Lehren und Prinzipien entfernen, wenn letztere vernachlässigt werden. Es passiert ständig, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Kirche. Wenn es keine Rückbesinnung auf die entsprechenden Lehren gibt und die Orientierung nur auf der Basis von Erfahrungen, die von den Lehren divergieren, erfolgt, werden die Werte der Lehren allmählich an Bedeutung verlieren und die Segnungen, die auf dem Festhalten der Lehren und Prinzipien beruhen, nehmen ab. Die Folge ist, dass das Vertrauen in die Lehren des Evangeliums geringer werden kann und damit auch das Vertrauen in Gott. In den Heiligen Schriften wird dieser Prozess häufig damit verglichen, dass sich Menschen auf den „Arm des Fleisches“ verlassen.
Der Prophet Nephi drückt es im Buch Mormon in 2. Nephi 4 wie folgt aus:
34  O Herr, ich habe auf dich vertraut, und ich werde auf dich vertrauen immerdar. Ich werde mein Vertrauen nicht in den Arm des Fleisches setzen; denn ich weiß, daß der verflucht ist, der sein Vertrauen in den Arm des Fleisches setzt. Ja, verflucht ist, wer sein Vertrauen in Menschen setzt oder Fleisch zu seinem Arm macht.
35  Ja, ich weiß, daß Gott dem gern gibt, der bittet. Ja, mein Gott wird mir geben, wenn ich nichts Unrechtes bitte; darum werde ich meine Stimme zu dir erheben; ja, ich werde zu dir rufen, mein Gott, dem Fels meiner Rechtschaffenheit. …“
Die Schriftstelle muss man im richtigen Kontext betrachten, z.B. warum die Lehren des Evangeliums so wichtig sind und warum Anwendungen, die sich auf Evangeliumslehren gründen, wichtiger sind als Anwendungen, die sich nur auf die Erfahrungen mit Anwendungen gründen.
Die Lehren des Evangelium erklären das „Warum“. Zum Beispiel erklärt der Plan der Erlösung warum wir auf der Erde sind. Die Lehre des Sühnopfers Christi erklärt, warum Jesus Christus unser Vermittler und Fürsprecher beim Vater ist. Die Lehre vom Wesen Gottes erklärt uns, warum es erstrebenswert ist, dafür zu arbeiten, wieder zu ihm zurückzukehren und welche Bedingungen dafür bestehen.
Die Evangeliumslehren sind wahr, ewig, beständig und ändern sich daher nicht. Deshalb bieten sie Sicherheit und Nachhaltigkeit.
Aus den Evangeliumslehren leiten wir Prinzipien ab (z.B. Gehorsam, Dienen, etc.), die ebenfalls ewig und beständig sind und die Frage nach dem „Was“ beantworten. Sie weisen die Richtung und sind Richtschnur für Verhalten und Handlungen. Es ist eine nützliche Übung, über diese Struktur nachzudenken und den Lehren und Prinzipien eine stärkere Bedeutung zu verleihen. Meine Erfahrung dabei war, das mir klar geworden ist, wie schnell grundlegende Lehren und Prinzipien in Vergessenheit oder vielleicht eher aus dem Blickfeld geraten können, wenn man sich im alltäglichen Handeln nicht bewusst an ihnen misst.
Die Anwendungen, schlussendlich, beantworten die Frage nach dem „Wie“.  Anwendungen werden wir immer an individuelle Situation und Bedürfnisse anpassen müssen. Umso wichtiger ist das Fundament auf dem sie stehen. Es ist klug, bei Herausforderungen zu hinterfragen, welche Evangeliumslehren und daraus abgeleitete Prinzipien uns helfen können und damit unseren Anwendungen die passende Richtung zu geben.
Der Zusammenhang zwischen Lehren, Prinzipien und Anwendungen gibt uns ein mächtiges Werkzeug in die Hand, beständig im Lernen zuzunehmen und ein nachhaltiges Leben zu führen, mit der Sicherheit, die ewig und objektiv gültige Lehren und Prinzipien bereiten. Wir erleben in unserer Gesellschaft eine wachsende Missachtung dieses Zusammenhanges, mit verheerenden Folgen. Innerhalb der Kirche sollten wir nicht den gleichen Fehler machen.
Das Buch „Increase in Learning“ hat mir geholfen, meine Lernprozesse bewusster zu erleben und auch zu hinterfragen – besonders in Bezug auf die Punkte, von denen ich weiß, dass ich sie ändern sollte.
Leider gibt es keine gesamte deutsche Übersetzung des Buches. Einige Abschnitte kann man aber in deutsch nachlesen, was ich wärmstens empfehlen kann, z.B.:
– Buch Mormon, 1. Nephi Kapitel 11-14

2 Kommentare zu „David A. Bednar´s Buch „Increase in Learning““

  1. Ich studiere gerade das Buch von Elder Bednar „act in doctrine“. Möchte auch gerne teile davon ins deutsche übersetzen. Wie haben Sie die deutschen Teile von „increase in learning“ gefunden?

    1. Die deutschen Teile sind Generalkonferenzansprachen oder andere Liahona Artikel, die ins Buch ganz oder teilweise aufgenommen wurden. Viele Grüße, Thomas Hengst

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