Geistige Arbeit leisten

Als ich vor 10 Tagen zur Aufnahme meiner Radiobotschaft in den Sender kam, empfing mich die Redakteurin mit den Worten: „Herr Hengst, Sie gehören doch zu den Vernünftigen. Verstehen Sie noch, was um uns herum geschieht?

Eine sehr berechtigte Frage, die irgendwie zu meinem Text passte und viele Menschen bewegt. Wir hatten dazu eine interessante Unterhaltung. Ich musste daran denken, wie stark das Interesse vieler Menschen in allen Bereichen des Lebens (bis hin zu Personen, die versuchen, einen Staat zu regieren), für wichtige Erkenntnis- und Entscheidungsprozesse neben eigener Klugheit auf inspirierte Quellen zurückzugreifen oder auf eine Weise zu leben, die Inspiration überhaupt erst möglich macht, nachgelassen hat.

Es gibt einen nicht vernachlässigbaren Zusammenhang zwischen dem Gedeihen von Gesellschaften und ihrer Hinwendung zu göttlichen Prinzipien. Hinwendung zu Gott sollte nicht mit religiösen Lippenbekenntnissen oder selbst geschaffenen Gottesbildern verwechselt werden. Darum geht es nicht. Es geht um Wahrheiten, Verhalten, Verstehen von Ursachen und Wirkungen und die Hilfe, die jeder Mensch dabei von Gott erhalten kann.

Jesus Christus hat dazu unter anderem das gelehrt: „Bittet, so wird euch gegeben werden; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan werden!“ (Matthäus 7:7)

Jakobus ergänzt dazu: „Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern und ohne Vorwurf gibt; so wird sie ihm gegeben werden.“ (Jakobus 1:5)

Nun zum Beitrag:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/wort-zum-tage-kirche-jesu-christi-der-heiligen-der-letzten-tage-dlf-kultur-ed1b202e-100.html

Hier ist das Manuskript:

Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer,

vor einigen Tagen besuchte ich mit meiner Frau ein großartiges Symphoniekonzert. Neben der wunderbaren Musik, war es für mich als Hobbymusiker sehr spannend, das Zusammenwirken des Dirigenten mit dem Orchester zu beobachten. Es war sehr intensiv, von gegenseitigem Respekt, Harmonie und Herzlichkeit geprägt. Der Dirigent verstand es, die hervorragende individuelle Qualität der Orchestermitglieder so zu lenken, dass der gesamte Konzertsaal von großer Freude erfüllt wurde. Ein Gefühl, das überwältigend war. Über dem Orchesterraum waren die Worte „Res Severa Verum Gaudium“ zu lesen – „Wahre Freude ist eine ernste Sache“. Das Klangerlebnis und dieser Satz haben mich etwas nachdenklich gemacht.

Wie schön wäre es, wenn wir in unserer Gesellschaft die gesunde Balance zwischen Zusammenhalt und Individualität wieder finden und Entscheidungen treffen würden, die geeignet sind, unsere Gesellschaft nachhaltig zu stärken.

In vielen Jahren Seelsorge habe ich etliche Menschen getroffen, die glaubten, ihren Weg, ihre Wahrheiten für ihr Leben gefunden zu haben – nur um nach einigen Jahren unglücklich auf einem Scherbenhaufen ihrer Entscheidungen zu stehen. Warum ist das passiert? Unter vielen möglichen Gründen stachen einige immer heraus: eine überhöhte Ichbezogenheit, Beliebigkeit, möglichst schnelle Befriedigung eigener Bedürfnisse und ein eingeschränkter Blick in die Zukunft. Das Tragische daran ist, dass häufig andere Menschen zuerst darunter leiden – Kinder, Ehepartner, Familie, Bekannte. Die Folgen werden dabei oft außer Acht gelassen.

Im Johannesevangelium erklärt Jesus Christus es seinen Freunden so: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Johannes 14:6)

Unabhängig von einem Glaubensbekenntnis laden uns diese Worte ein, unsere Definitionen von Wahrheit und Lebenszweck und daraus folgende Entscheidungen an Prinzipien und Werten zu orientieren, die aus inspirierten Quellen stammen und sich bewährt haben. Jesus als Dirigent unseres Lebens kennt das große Ganze. Er weiß aus unermesslicher Erfahrung, welche Kräfte die Menschheit zusammenhalten und was getan werden muss, um ihre grundlegenden Probleme zu lösen. Er liebt uns und hat uns mit seinem Sühnopfer Perspektiven eröffnet, deren Dimensionen möglicherweise unser Verständnis übersteigen. Es steht jedem frei, von ihm zu lernen.

Wir können sehr viel vom Wirken eines Orchesters auf unser Leben übertragen, in dem wir geistige Arbeit leisten, die unser Verständnis erweitert und uns zusätzlich Inspiration beschert, die wir in vielen Bereichen so schmerzlich vermissen. Beides braucht es für wahre Freude.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.“

In drei Minuten Sendezeit kann man nur einige Akzente setzen und andeuten, worum es geht. Beliebigkeit und die Abwesenheit von Inspiration führen mit Regelmäßigkeit zu Entscheidungen, die unerwünschte Folgen produzieren – oft nicht unbedingt sofort, aber mit Sicherheit im Laufe der Zeit. Alles hat einen Preis, der irgendwann bezahlt werden muss.

Elder Dieter F. Uchtdorf vom Rat der Zwölf hat zur letzten Herbst-Generalkonferenz diese Zusammenhänge anhand des Gleichnisses vom verlorenen Sohn eindrucksvoll erklärt. Jeder sollte diese Ansprache gründlich studieren. Sie enthält zahllose Parallelen zu unserer Zeit und die richtigen Schlussfolgerungen, um verhängnisvolle Entwicklungen zu korrigieren und Wunden zu heilen. Die wichtigste davon ist, zu Christus zu kommen und Sein Sühnopfer anzunehmen.

Hier sind die Links zum Text und dem Video:

https://www.churchofjesuschrist.org/study/general-conference/2023/10/45uchtdorf?lang=deu

Im Buch Mormon gab es im Buch Helaman eine Situation (eine von vielen), in der die Gesellschaft von Uneinigkeit und Orientierungslosigkeit zerrissen sowie obendrein auch noch von äußeren Feinden und organisiertem Verbrechen bedroht wurde. Offenbarung und Inspiration von Gott waren elementar wichtig, um mit diesen Herausforderungen umzugehen. Die Geschichte lehrt uns ganz klar die Korrelation zwischen Befolgung von Gottes Geboten und geistigem Wohlergehen.

Und im neunundsiebzigsten Jahr fing viel Streit an. Aber es begab sich: Nephi und Lehi und viele ihrer Brüder, die die wahren Punkte der Lehre kannten, weil sie täglich viele Offenbarungen hatten, predigten darum dem Volk, sodass sie dessen Streit in demselben Jahr ein Ende setzten.“ (Buch Mormon, Helaman 11:23)

Wenn wir weiterlesen, sehen wir, dass es schwer war, die Gesellschaft zu stabilisieren. Viele wollten die dafür notwendigen Konsequenzen nicht ziehen und unterstützten lieber die destruktiven Kräfte und erzeugten Elend. Das Aufzeigen dieser Zusammenhänge macht das Buch Mormon so wertvoll für unsere Zeit.

Aus den Heiligen Schriften lernen wir klar, dass wir aufhören müssen, Probleme – egal ob in Bezug auf Umwelt, Politik, zwischenmenschliche Beziehungen oder destruktives Verhalten jeglicher Art – mit Methoden lösen zu wollen, die diese weiter verschärfen werden. Ohne beständigen Zugang zu Offenbarungen von Gott und Inspirationen durch den Heiligen Geist als Ergänzung zu eigenen Anstrengungen wird es schwer, positive, nachhaltige und holistische Veränderungen zu bewirken und unsere ewigen Perspektiven ausreichend zu verstehen.

Präsident Russell M. Nelson hat über den Zugang zu Offenbarung folgendes gesagt:

„Entscheiden Sie sich, die geistige Arbeit zu leisten, die nötig ist, damit Sie sich der Gabe des Heiligen Geistes erfreuen können und die Stimme des Geistes häufiger und klarer vernehmen. …

Ich bin optimistisch, was die Zukunft angeht. Sie hält viele Gelegenheiten für jeden von uns bereit, Fortschritt zu machen, seinen Anteil beizutragen und das Evangelium an die Enden der Erde zu tragen. Aber ich bin auch nicht naiv, was die vor uns liegende Zeit betrifft. Wir leben in einer komplexen, zunehmend streitbaren Welt. Durch ständig verfügbare soziale Medien und Nachrichten rund um die Uhr werden wir unablässig mit Botschaften bombardiert. Wenn wir die geringste Hoffnung haben wollen, diese Unzahl von Stimmen und menschlichen Philosophien, die die Wahrheit bekämpfen, zu prüfen, müssen wir lernen, Offenbarung zu empfangen.“ (Generalkonferenz April 2018, Russell M. Nelson, Offenbarung für die Kirche, Offenbarung für unser Leben)

Ein Gedanke zu „Geistige Arbeit leisten“

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